In Dreywassern
Noch eine Woche blieb ich in Rodwins
Haus, um einige Vorbereitungen für meine Wanderschaft
zu treffen. Voller Zuversicht und Freude auf die kommenden
Ereignisse brach ich an einem sonnigen Morgen im Sommer
des Jahres 624 nach Bau der Türme auf. Ich plante,
zunächst die größte Ort-schaft der Umgebung, Dreywassern,
aufzusuchen, da ich ein wenig Stadtluft schnuppern
wollte. Von einer gefährlichen Begegnung mit einem
Wolfsrudel abgesehen, gelang es mir, die Stadt unbe-schadet
zu erreichen und ich hatte vor, den Winter dort zu
verbringen. Ich fand eine Anstellung als Schreiber
bei einem wohlhabenden Kaufmann, in dessen Haus ich
gar zusammen mit einem seiner Knechte eine Stube unter
dem Dach bewohnen durfte.
Das kommende halbe Jahr in Dreywassern
war von Gegensätzen geprägt. Anfangs war ich wie benommen
von dem Trubel, der in dieser Metropole herrschte,
doch schon bald genoß ich sämtliche Vorzüge, die eine
solche Stadt zu bieten hat, legale wie illegale. Ich
frönte dem Glücksspiel, genoß den Alkohol in großen
Mengen und machte gar Bekanntschaft mit anderen berauschenden
Mitteln. Jedem Fest, das stattfand, versuchte ich
beizuwohnen und immer öfter machte ich die Nacht zum
Tag. Meine Arbeitshaltung wurde schlechter und schlechter
und nachdem der Kaufmann, bei dem ich arbeitete, mich
zum dritten Mal ermahnen mußte, warf er mich aus seinem
Haus. Noch war ich aber nicht ganz dem lasterhaften
Leben verfallen und der Verlust meiner Arbeit rüttelte
mich wach. So angenehm das leichte Leben voller Müßiggang
auch war, so groß war mein schlechtes Gewissen über
die viele unnütz vertane Zeit. Ich wußte, daß ich
fortgehen mußte, um wieder zu einem glücklichen Leben
zurückzufinden. Von Städten hatte ich fürs erste genug
und deshalb beschloß ich, quer durch die Wildnis in
Richtung des Binnenmeeres Hylaiman zu ziehen.
Ich brauchte keinen Tag, um festzustellen,
wie gut diese Entscheidung gewesen war. Die aufblühende
Natur umhüllte wie ein warmer Mantel der Geborgenheit
und als ich mir am zweiten Abend meiner Reise über
meinem Feuer ein selbst erlegtes Kaninchen briet,
war ich überglücklich, daß meine Willenskraft ausgereicht
hatte, um mich eigenhändig aus dem Sumpf der Tugendlosigkeit
in Dreywassern zu befreien.
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